ABSCHIED - TRENNUNG - OPFERN

 

Freudige Trennung von etwas, was mir als wertvoll, als mir gehörig erscheint, worauf ich stolz bin, wenn das vollbracht ist, ist ein wichtiger Schritt in der geistigen Entwicklung eines Individuums getan.

Das Ziel aus buddhistischer Sicht ist es, sich von allen Anhaftungen, von diesem starken Begehren nach etwas, zu lösen. Wir bemühen uns in der buddhistischen Geistesschulung, uns von den fünf Gruppen des Anhaftens - upadanakhandha - (Körper, Empfindung, Wahrnehmung, Reaktion, Bewusstsein) zu lösen, denn sie stellen Objekte des Anhaftens dar, und zwar das sinnliche Anhaften, Anhaften an Ansichten, Riten und Regeln, sowie Objekten des Persönlichkeitsglaubens. Zunächst gilt es zu erkennen und uns bewusst zu werden, dass auch wir diese Anhaftungen haben.

Da das Anhaften wie eine Sucht ist, ist es nicht leicht, sich von ihm zu lösen. Darum sagte der Buddha, der Erwachte, immer wieder, "schrittweise, Stück um Stück nur können wir voranschreiten", um langsam aber stetig dem Ziel näherzukommen, um die wahre Natur unserer selbst zu erkennen.

Wie erwähnt, wäre ein Anhaften an Riten und Regeln an sich ein Hindernis, aber wenn diese mit reinem Geiste ausgeführt werden, sind sie ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Befreiung. In der Lehrrede 147 der Mittleren Sammlung wird genau darauf eingegangen, was alles das Opfern dem Menschen im Geistigen erbringen wird. Schon allein für wilde Tiere etwas zu opfern, erbringt einiges an Verdiensten für gute Taten. Das Geben an arme, bettelnde Menschen erbringt um vieles mehr, um wieviel mehr aber das Opfern an einen Bhikkhu, einen edlen Bettler, der sich vom weltlichen Geschehen zurückgezogen hat, um die Befreiung von allem Leiden, allen Unreinheiten zu erlangen. Wenn diese Taten dann auch noch altruistisch - ohne den Gedanken an Wunscherfüllung, ohne die Erwartung, irgend etwas dafür zu bekommen -, durchgeführt werden, sind sie wichtige Meilensteine auf dem Wege zur Vervollkommnung der Tugenden, der 10 paramis, die zur höchsten Glückseligkeit, zur Erreichung des inneren Friedens, nibbana, beitragen.

Bei jeder dieser altruistischen Handlungen sollte Freude, piti, vorhanden sein. Der Betreffende freut sich schon vorher auf die Speisung der Mönche, freut sich beim Überreichen der Gabe und, ganz wichtig, freut sich auch danach. Die Freude darüber, einen edlen Menschen, der die Erleuchtung erarbeiten will, gespeist zu haben, sich von etwas Eigenem getrennt zu haben, das Anhaften vermindert zu haben, kurz, die Erfahrung des Opferns, des Sich-Trennens, ist so groß geworden, dass der Wunsch besteht, bald wieder etwas zu opfern. Dadurch, dass der Mensch Freude daran findet, etwas abzugeben, zu verschenken, ohne etwas dafür zu erwarten, wird das Bewusstsein allmählich kultiviert. Dann wird er sich auch auf die nächste Opferung freuen. Eines Tages wird ein solcher Mensch sich sagen, dass es noch nicht genug ist, jede Woche zu spenden. Mit Freude wird er ein Häuschen für die Mönche, ja ein Kloster, bauen lassen, aber der wichtigste Schritt ist, das weltliche Leben aufzugeben und in den Bhikkhu-Sangha einzutreten. Das ist die größte Opferung, der wichtigste Schritt, um sich von seinen Anhaftungen zu befreien. Überhaupt zählt die Praxis der Geisteskultivierung, bhavana, zu den größten Opfern. Sie wird als patipada-puja bezeichnet und übertrifft selbst eine Klosterschenkung um ein Vielfaches.

In der westlichen Kultur ist dies schwer zu begreifen, aber durch geistige Reinigung schnell zu erlernen, denn, wenn wir von dieser Welt Abschied nehmen und uns mit freudigen Gedanken von anderen verabschieden, dann können wir wahrlich nichts mitnehmen an materiellen Dingen oder geistigem Wissen. Dann werden nur die guten Taten, kusalas, und die Perfektion der Tugenden, paramitas, ins nächste Leben übertragen. Diese sind besonders wichtig für den Todesmoment und für das zukünftige Leben als neues Wesen.

Wie wir also gesehen haben, sind Opferungen, dana, in den buddhistischen Kulturen weitgehend anzutreffen. Sie stellen für alle, für die Masse einen wichtigen Faktor für die Stärkung des Selbstvertrauens dar, da durch altruistische Taten Verdienste angesammelt werden. In der westlichen Kultur ist dies nicht zu erwarten. Darum gibt es hier kein "dana", sind Opferungen und Rituale als Tradition nicht anzutreffen. Aber die Lehre der Wahrheitsfindung, der Befreiung, buddha-sasana, ist überall, sie kann von jedem Menschen angewandt werden, wenn die geistige Reife, das geistige Wollen vorhanden sind.

Zu Buddhas Zeiten war es ähnlich, und nur der Erwachte konnte erkennen, dass es doch einige gab, denen er die Praxis der Selbstläuterung lehren konnte, und er tat es. Zu unserem Wohle und Glück können auch wir davon kosten und daran teilhaben. Dazu brauchen wir nicht vorher Opferungen, Rituale, Initiaionen oder den Eintritt in eine Religion auszuführen, nein, wir können sofort bei uns selbst anfangen. In dem Mahaparinibbanasutta, seiner letzten Lehrrede, sagte der Buddha: "Niemand sei deine Zuflucht als du selbst, sei dir eine eigene Insel der Zuflucht." (DN 16).

Mögen alle Wesen glücklich sein und das Nibbana erreichen.

 




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